Invormativ und bedrückend

Grosses Interesse bei der Veranstaltung mit Pfarrer Peter Kossen

Der Vortrag von Pfarrer Peter Kossen über Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie ist auf großes Interesse gestoßen. Neben den mehr als 70 Gästen lauschten auch Bürgermeisterkandidat Thomas Kötterheinrich und Landratskandidat Matthias Himmelreich seinem gut einstündigen Vortrag und diskutierten hinterher eine weitere Stunde in der Sporthalle I. Diese wurde von der Gemeinde zur Einhaltung der Abstandsregeln zur Verfügung gestellt.

Pfarrer Peter Kossen setzt sich schon seit Jahren für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie ein. Sein Bekanntheitsgrad in den Medien stieg aber durch den Corona-Ausbruch rasant an, nachdem er in der Politik-Talkshow „Hart aber Fair“ zu Gast war. „Sklaverei, Ausbeutung, Menschenhandel“ sind die drastischen Worte, mit denen der katholische Pfarrer seit Jahren die Situation von Arbeitsmigranten aus Ost- und Südosteuropa im Nordwesten Deutschlands beschreibt.

Kossen bedauerte in seinem Vortrag, dass erst eine Pandemie wie der Corona-Ausbruch passieren musste, um die katastrophalen Zustände der Arbeiter aufzuzeigen und eine öffentliche Debatte zu entfachen. Arbeitskräfte aus immer ärmeren Regionen Osteuropas würden rekrutiert. Erst seien es Menschen aus Polen, später aus Rumänien, Ungarn und Bulgarien gewesen, mittlerweile aus Moldawien oder der Ukraine, deren Einsatz nicht selten illegal sei.

Als billige Arbeitskräfte würden ebenso Vietnamesen in großem Stil illegal nach Deutschland geschleust. Sie kämen zunächst nach Berlin und würden dort mit der Tatsache konfrontiert, dass sie pro Person 10 000 Euro oder mehr „Schleusungs-Schulden“ hätten, die sie natürlich nicht bezahlen können. Die „Abarbeit“ der Schulden gehe auf drei Wegen, schilderte Kossen: Prostitution, illegaler Zigarettenhandel in Berlin oder als Arbeiter in der Fleischindustrie.

Kossen erwähnte, dass sich große und namhafte Unternehmen und Persönlichkeiten dieser Region nicht scheuen, mit Subunternehmen und Leiharbeitsfirmen zusammenzuarbeiten, hinter denen verurteilte Straftäter stünden. Wer jedoch mit Menschenhändlern und Sklaventreibern gemeinsame Sache mache, sei mitschuldig am Menschenhandel und an der modernen Sklaverei im Land.

Einig waren sich am Ende des Abends alle Teilnehmer des Vortrages, dass die Politik dringend gefragt ist, Zustände schnellstmöglich zu ändern und nachhaltig zu verbessern. Mit einem kleinen Präsent bedankte sich der Vorsitzende Ulrich Untiet noch einmal ausdrücklich bei Pfarrer Kossen für den höchst informativen, aber auch bedrückenden Vortrag.